Der Weg zum CO2-freien Güterverkehr ist nicht einfach. Im Thesencheck skizziert Johannes Küstner, Verkehrsexperte beim Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV), warum das so ist.
Die Dekarbonisierung des europäischen Güterverkehrs kann nur gelingen, wenn es innerhalb der EU einen einheitlichen Fahrplan und keine abweichenden Sonderregeln für einzelne Mitgliedsstaaten gibt.
Richtig. Der Null-Emissions-Güterverkehr ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe der EU-Staatengemeinschaft.
Ohne Dirigismus oder Ladungslenkung – beispielsweise in Form hoher Pönalen für Verlader, die ihre Waren unverändert mit „klassischen“ CO2-emittierenden Transportmitteln befördern lassen – wird ein rascher Umstieg auf CO2-ärmere, neutrale beziehungsweise CO2-freie Transportmittel nicht gelingen.
Falsch. Das wäre in etwa so, als ob ein Endkonsument bestraft würde, wenn er keine Bioprodukte kaufte – also Verlagerungs-Dirigismus? Nein, mit Sanktionen sollte ein Staat zur Beschleunigung eines Wandels nicht arbeiten. Es muss eine Art Bestandsschutz gelten. In der momentanen Situation ist vielmehr auf Anreize wie Investitionsbeihilfen, Prämien oder Gebührenbefreiungen zu setzen. Und ein funktionierender Markt bringt immer noch die besten Innovationen hervor. Wenn staatlicher Eingriff, dann eher am Beginn der Produktionskette, also bei der Fahrzeughersteller-Industrie und der Energiewirtschaft.
Ohne massive Anreize und Subventionen durch den Bund werden sich CO2-neutrale Techniken nicht zeitnah am Markt etablieren können. Die Anschaffung CO2-neutraler oder CO2-freier Lkw muss deshalb nicht nur durch Fördergelder und/oder Sonderabschreibungen unterstützt werden. Erst durch die dauerhafte Befreiung von der Lkw-Maut wird der Umstieg für die Transportunternehmen attraktiv.
Richtig. Die Entlastung von den Wegekosten muss zumindest in der Transformationsphase die höheren Anschaffungskosten und geringeren Wiederverkaufserlöse in großen Teilen kompensieren.
Ein spürbarer CO2-Entlastungseffekt tritt nur dann ein, wenn Altfahrzeuge, die gegen emissionsfreie Lkw getauscht werden, nicht mehr in Drittländer exportiert, sondern verschrottet werden.
Teils, teils. Theoretisch ist das so. Aber Zweit- und Drittmärkte sind äußerst effizient bei der „Verwertung“ noch voll funktionsfähiger moderner Diesel-Lkw, deren Laufleistungen ja beinah unendlich sind. Der so initiierte Austausch führt zu einem spürbaren CO2-Effekt auf diesen Märkten, vor allem durch emissionsarme Euro-V-Nutzfahrzeuge. Außerdem ist in den konventionellen Flotten enormes Kapital gebunden, das – wenn der Lkw verschrottet würde und nicht mehr verkauft werden könnte – für die Anschaffung alternativer Antriebe dann wieder fehlen würde. Die CO2-Rechnung geht auch nur auf, wenn neue emissionsfreie Lkw ausschließlich mit grüner Energie betankt werden.
Der Umstieg auf wasserstoffbetriebene Transportmittel ist langfristig der einzig sinnvolle Weg für den Straßengütertransport.
Richtig. Zumindest im schweren Fernverkehr scheint Wasserstoff nach jetzigem Kenntnisstand die vielversprechendste Alternative. Sein Erfolg wird auch von der Dichte der Betankungsinfrastruktur in Europa abhängen.
Verlader könnten den Umstieg auf CO2-arme oder -freie Transportmittel beschleunigen, wenn sie entsprechende Vorgaben in den Ausschreibungen machen.
Teils, teils. Sicher verstärkt jede Einkaufsmacht größerer Industrieverlader grundsätzlich den Druck auf die Spedition. Doch das Ziel des emissionsfreien Güterverkehrs wird eher erreicht, wenn sich die Verhältnisse jetzt umkehren: Die Logistikunternehmen sind die bedeutendste Kundengruppe im Nutzfahrzeugmarkt. Sie müssen den Druck auf die Industrie, also ihre Lieferanten, erhöhen und serienreife alternative Lkw für die verschiedenen Einsatzgebiete einfordern.
Unverändert hängen sich Verlader gern ein „grünes Mäntelchen“ um. Wenn Umweltfreundlichkeit dann aber mehr kostet, winken sie gern ab.
Richtig. Vielfach ist das leider so!
Johannes Küstner ist Leiter Nationaler Straßengüterverkehr/Umwelt beim DSLV.