Import von grünem Wasserstoff im Fokus

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Das Fraunhofer ISI beleuchtet Chancen und Herausforderungen von grünem Wasserstoff und sieht vielfältige industrielle Anwendungsmöglichkeiten.

Der Import von grünem Wasserstoff wird in seiner Komplexität aktuell noch zu wenig verstanden und die Herausforderungen sowie künftig noch zu lösenden Aufgaben deshalb teilweise unterschätzt. Das berichtet Professor Dr. Martin Wietschel, der am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI das Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme leitet und dort sämtliche Forschungsarbeiten rund um das Thema Wasserstoff koordiniert. In einem „H2-Policy-Brief“ beleuchtet das Institut daher nun mit dem Import von grünem Wasserstoff in Zusammenhang stehenden Fragen und bilanziert, welche Herausforderungen es noch zu lösen gilt.

EU verlangt völlige Abkehr von fossilen Brenn- und Kraftstoffen bis 2050

In der nationalen sowie der europäischen Wasserstoffstrategie werden grüner Wasserstoff und seine Syntheseprodukte als wichtige Bausteine der Energie- und Klimawende angesehen. Der Import, der dabei eine wesentliche Rolle spielt, hänge jedoch von zahlreichen Faktoren ab, die derzeit teilweise noch unklar seien. Die Klimaneutralität, zu der sich Deutschland und die EU verpflichtet haben, verlangt bis 2050 eine völlige Abkehr von fossilen Brenn- und Kraftstoffen. „Eine Substitution durch direkte Nutzung erneuerbarer Energien ist bislang aber nicht in allen Bereichen – etwa in der Luft- und Schifffahrt oder der Grundstoffchemie – aufgrund der hohen benötigten Energiedichten oder verfahrenstechnisch möglich“, teilt das Fraunhofer ISI mit. Hier kämen grüner Wasserstoff oder daraus erstellte grüne Syntheseprodukte wie Methanol, Methan oder Ammoniak ins Spiel.

Da für eine grüne Wasserstoffproduktion in Deutschland und der EU aber nicht ausreichend günstiger erneuerbarer Strom zur Verfügung stehe, werde derzeit der Import von nachhaltig produziertem grünen Wasserstoff und Syntheseprodukten diskutiert. „Länder mit günstigen klimatischen Bedingungen könnten diese Produkte kostengünstig auf Basis erneuerbarer Stromproduktion herstellen und nach Deutschland oder in andere Länder exportieren“, heißt es vonseiten der Forscher. Deutschland bliebe damit auch in Zukunft ein großer Energieimporteur – ein künftiger Markt für den Wasserstoffimport in Deutschland und Europa dürfte zwischen 100 und 700 Milliarden Euro pro Jahr liegen.

Dem „Policy-Brief“ zufolge ließe sich grüner Wasserstoff stofflich in der Stahlerzeugung, in Raffinerieprozessen, in der Grundstoffchemie oder energetisch zur Prozesswärmeerzeugung in verschiedenen Industrieanwendungen wie der Glas- oder Papierindustrie einsetzen, um CO2 -neutral zu produzieren. Schwieriger gestalte sich der Wasserstoffeinsatz derzeit bei Anwendungen mit hohen Energiedichten wie im internationalen Flug- oder Seeverkehr, wo man auf Syntheseprodukte von Wasserstoff für eine Treibhausgasminderung angewiesen sei.

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